Freitag, 28. Januar 2011

Manila - Ein Tag im Fathers House


Zwei Jungs im Father's House

Eine Mitarbeiterin unserer Arbeit für Straßenkinder aus Manila berichtet:
"Mein Wecker klingelt um 4.30h- heute bin ich dran mit Frühdienst.
Um 5h müssen die Kinder geweckt werden und dann ist es vorbei mit der Ruhe. Bis 6h müssen 14 Kinder duschen, frühstücken und für die Schule fertig sein. Jede Minute zählt...
Die erste Herausforderung ist, die Kinder wach zu kriegen, vor allem die Langschläfer. Ich renne von oben nach unten, von den Mädchenzimmern zu den Jungszimmern:“Guten Morgen, Zeit zum duschen, beeilt euch, macht euer Bett, vergesst nicht, Seife zu benutzen (kein Witz, vor allem Jungs in gewissem Alter duschen mit Vorliebe ohne Seife...)...“.

Die kleinen Mädchen brauchen Hilfe mit ihren langen Haaren- in den Schulen hier gibts es strenge Vorschriften, die Haare müssen immer zusammen gebunden sein. Ich gebe Medizin aus, suche nach verloren gegangenen Bleistiften usw.
Wir liegen gut in der Zeit, Punkt 5.30h sind fast alle geduscht. Wir wollen gerade anfangen zu frühstücken, als mir eines der kleinen Mädchen ihr Hausaufgabenheft unter die Nase hält : “Alle Schüler der 1.Klasse müssen am Mittwoch Erde oder Sand für ein Projekt mitbringen!““ Ich:“MITTWOCH?! Das ist ja heute! Oh man, warum hast du uns denn gestern nicht bescheid gesagt?!“ Es hilft alles nix, das Mädchen braucht die Erde. Also stapfe ich, mit einer Schippe bewaffnet, um 5.30h in den dunklen Garten, um etwas Erde für das Schulprojekt zu „besorgen“...:-)

Alle sind happy beim Frühstück, kein Kakao wird verschüttet, alles läuft perfekt. Punkt 6h sitzen fast alle im Auto, ready to go. Allerdings hat der Fahrer heute Verspätung...Nach ein paar Minuten kommt er und der Kleinbus begibt sich Richtung Schule, nur um nach kurzer Zeit wieder zurück zu kommen- 2 Kinder haben ihre Schülerausweise vergessen. No ID no Entry, auch hier gibt es strenge Vorschriften.
Als endlich alle auf dem Weg zur Schule sind, wecke ich die Kindergartenkinder. Sie dürfen bis 6h schlafen, welch ein Luxus!
Ich frühstücke um 6.30h zum 2.Mal mit den 3 Kindergartenkids, um 7.30h gibt es ein 3. Frühstück für die anderen Mitarbeiter und die Kinder, die später zur Schule gehen.
Um 7.45h bringe ich die Jüngste zum Kindergarten, der gerade um die Ecke ist.
Um 8h beginnt dann unser Mitarbeitertreffen.
Kurz vorher klingelt es, und vor der Tür steht wieder das kleine, zerlumpte Mädchen- diesmal mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht:“Ate, haste wieder ein paar Plastikflaschen für mich?“ Das Nutellabrötchen vom letzten Mal scheint ihr geschmeckt zu haben.
In der letzten Woche haben wir als Mitarbeiter 2 Vormittage zusammen gesessen und ausgetauscht. Es sollte ein Rückblick auf das alte Jahr und Ausblick auf das Neue werden.
Wir wollen nicht zu allererst Dienstgemeinschaft sein, sondern Lebensgemeinschaft. Das unterscheidet uns von vielen anderen Missionswerken und dass ist es, was ich an unserer Gemeinschaft schätze.

Der Austausch war sehr persönlich, es ging gar nicht so sehr um den Dienst sondern darum, wie es uns geht. Herausforderungen, Enttäuschungen, Freuden vom letzten Jahr, Wünsche für das neue Jahr. Man freut sich mit, fühlt mit, trägt Dinge gemeinsam und wir beschließen, uns noch einen weiteren Vormittag Zeit zu nehmen, um füreinander zu beten, auf Gott zu hören.
Das tun wir heute. Gott ist da, redet und hinterher sind alle ermutigt.
Danach geht es an die praktischen Dinge- wer kann zum Elterabend in der Schule gehen usw.
Dann berichtet eine Mitarbeiterin vom Straßeneinsatz am Vortag. 3 Brüder, deren Schwester bei uns im Fathers House ist, kamen auf sie zu und erzählten, dass ihre Mutter durchgedreht ist und sie verlassen hat. Die Mutter läuft verwirrt und verdreckt durch die Straßen, die Kinder sehen sie nur noch von Weitem. Den anderen Leuten auf der Straße erzählt sie, dass sie keine Kinder mehr hat. Ihr Mann wurde schon vor längerer Zeit ermordet. Ein weiterer Sohn sitzt im Knast, noch ein anderer wurde vom Jugendamt geschnappt und in ein staatliches Heim gebracht.

Die 3 Jungs sind nun alleine auf der Straße, völlig auf sich gestellt. Der Jüngste (keiner weiß, wie alt er wirklich ist, warscheinlich so um die 7J.) ist total verdreckt und schnüffelt bereits Klebstoff.
Ich kann es nicht fassen, mir kommen die Tränen. Was ein Elend, wie kriegen Kinder sowas auf die Reihe?! Betroffenheit in der Mitarbeiterrunde, wir überlegen, wie wir helfen können. Man müsste die 2 Jüngsten aufnehmen.
Wir sind voll, kein einziges Bett mehr frei. Man könnte evt. noch ein Bett in eines der Jungszimmer stellen, aber können wir noch 2 weitere kleine, WILDE, total kaputte Jungs aufnehmen, die nicht wissen, wo vorne und hinten ist? Wir sind nicht blauäugig, wir wissen, was das bedeutet und wieviele Extrameilen das mit sich bringt. Mir gehen tausend Dinge durch den Kopf- ja, wir haben unser Limit erreicht, aber man kann sie doch nicht auf der Straße lassen, sie haben doch niemanden...
Wir beschließen, dass jeder über der Sache betet und wir in einem der nächsten Treffen entscheiden, was wir tun werden.
Nach dem Mitarbeitertreffen geht jeder „an die Arbeit“, ich erledige Büroarbeit, bis bald auch schon die ersten Kinder wieder von der Schule kommen.
Beim Mittagessen frage ich das kleine Mädchen, was sie denn mit der Erde gemacht haben. Ihre Antwort: "Gar nichts, es hat geregnet und wir konnten nicht rausgehen!":-)
Nach dem Mittagessen erledigen die Kinder ihre „Dienste“- Zimmer fegen, Wäsche sortieren usw.
Wieder renne ich von oben nach unten, um zu schauen, dass die Kinder dies auch wirklich tun. Parallel dazu beginnen einige schon in Kleingruppen ihre Hausaufgaben zu machen. Ich bereite noch schnell eine Zwischenmahlzeit vor und nachdem die anderen Mitarbeiter aus der Pause kommen, gehe ich in die Mittagspause.
Da sich sich meine Arbeit im Büro stapelt versuche ich am Nachmittag noch einiges zu erledigen, was fast unmöglich ist. Alle 5 Minuten kommt ein Kind vorbei: „Ich kann meine Uniform für Morgen nicht finden“, „ Darf ich mir den Gameboy ausleihen?“, „Kann ich mir ein Bonbon nehmen?“, „Was machst du denn da??“, "Darf ich deinen Hasen rauslassen?"...
Nach dem Abendessen habe ich frei. Jay Ar hat heute Abend Dienst. Er ist selber auf der Straße aufgewachsen und zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt und arbeitet er im Fathers House. Er schnappt sich die Gitarre und in meinem Zimmer höre ich die Kinder laut und schief, aber mit voller Begeisterung singen 'Wer ist der König der Dschungel- Uh, uh? Wer ist der König der Seen- blubber, blubber, blubber? Wer ist der König der ganzen Welt, und wer ist der König von mir? J-E-S-U-S JESUS!' "
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